Am Ostermontag wurde wie jedes Jahr das Emmaus-Evangelium gelesen.
Zwei namentlich nicht genannte Anhänger Jesu ziehen nach Jesu Tod enttäuscht und traurig von Jerusalem in das Dorf Emmaus.
Ihr Weg ist lang und sie reden über ihre Traurigkeit und die Ereignisse vom Karfreitag, von Verrat, Kreuzigung und Tod. Gleichzeitig sind sie irritiert, da Freunde ihnen bereits von der Auferstehung Jesu erzählt haben, was ihnen aber schwerfällt zu glauben.
Da tritt Jesus unerkannt zu ihnen und begleitet sie. Sie kommen ins Gespräch, die beiden Jünger berichten von ihrer Trauer und unerfüllten Hoffnungen. Jesus diskutiert mit ihnen, verweist auf die Prophezeiungen aus der jüdischen Thora, begründet so die Ereignisse der Karwoche und der Osterauferstehung.
Erkannt wird er dabei nicht. Erst als alle drei in Emmaus ankommen, gemeinsam rasten und Mahl halten, kommt die Stunde der Erkenntnis: Im Moment des Dankes, des Segens, des Brotbrechens erkennen die Jünger Jesus. Die Tat lässt die Jünger umkehren und erneut nach Jerusalem aufbrechen.
Was hat diese Geschichte heute noch mit meinem Leben zu tun?
Erstens sehe ich in den beiden Jüngern die Verkörperung heute leidender (vielfach auch namenloser) Menschen, die krank, arm oder verzweifelt sind. Die keinen Aufbruch mehr wagen und keine Zukunft für sich sehen. Aber die sich trotzdem sehnen nach Annahme, Liebe, Zuwendung.
Jesus – Gott - ist in der Emmaus-Geschichte zunächst unerkennbar, zumindest für die Jünger. Er wird wahrgenommen als interessante Randfigur, die theologisch fundiert argumentiert und begleitet – aber nicht handelt. Ein Bild der Kirche in heutiger Zeit?
Erst als Jesus sich im gemeinsamen Mahl – im konkreten Teilen - offenbart, ändert er die Welt. Für die beiden Jünger, die sofort wieder nach Jerusalem aufbrechen. Für die damals junge Gemeinde, die Anziehung auf die Menschen ausübt, weil sie jedem Menschen Rechte gewährt und Wert zuweist.
Und heute? Heute muss sich Kirche fragen: Reicht uns der liturgische Zugang zu biblischen Texten und Gottesdienstfeiern in kleiner werdenden Gemeinden?
Oder benötigen wir mehr Taten am, mit und für die Menschen – ein Teilen, das auch von denen wahrgenommen wird, die nicht schon bei uns aktiv sind?
Ich glaube, beides ist wichtig. Aber erst durch das erkennbare Teilen und diakonisches Handeln kann Gott durch die Kirche über die eigenen Grenzen hinaus erfahrbar werden.
Ulrich Paus
Vorstand Caritasverband Bielefeld e.V.
Wort zum Sonntag, Westfalen Blatt, 10. April 2021
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In: Pfarrbriefservice.de
Ulrich Paus
Vorstand Caritasverband Bielefeld e.V.