Wirklich alles gut?
„Na, alles gut?“ – ein schneller morgendlicher Gruß im Lehrerzimmer und die beiläufige Antwort „Alles gut!“, die oft mehr verschweigt als sagt.
Bei einer Lehrerkonferenz zieht ein Kollege nach längerer Debatte seine kritische Anfrage mit „Alles gut!“ zurück, obwohl ihm seine Unzufriedenheit anzumerken ist.
Die mangelhafte Lateinarbeit kommentiert eine Schülerin nur mit „Alles gut!“, obwohl ihre Augen etwas anderes sagen.
Der floskelhafte Wortwechsel „Alles gut?“ – „Alles gut!“ begegnet mir im Alltag ständig.
Er signalisiert, dass es keine Probleme gebe, dass man nichts weiter wissen müsse, dass keine tieferen Gespräche notwendig seien.
Doch ist wirklich alles gut?
Ein Blick in Familie und Freundeskreis oder auch die große weite Welt beweist das Gegenteil.
Der christliche Glaube verschließt sich genau diesem ehrlichen Blick nicht. Die Kirche verkündet zwar die Botschaft des Heils, doch sie weiß auch: Nicht alles ist gut – nicht in der Welt, nicht in der Gesellschaft, nicht in unseren Herzen.
Die Psalmen klagen über persönliches Leid, die Propheten rufen die Gesellschaft zur Umkehr auf, Jesus selbst schreit am Kreuz „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mt 27,46).
Wäre „Alles gut!“ wirklich die Wahrheit, dann bräuchten wir keine Vergebung, keine Hoffnung, keine Erlösung.
Vielleicht sollten wir öfter den Mut haben, ehrlich zu antworten. Zu sagen: „Nein, nicht alles ist gut – aber ich hoffe.“ oder „Es gibt Dinge, die mich belasten – aber ich vertraue.“ oder „Ich bin unzufrieden – aber ich nehme es selbst in die Hand.“
Raum für echte Begegnung öffnet sich nur, wenn wir nicht in oberflächlichen Floskeln stecken bleiben. Dann könnte „Alles gut?“ nicht nur eine Höflichkeitsphrase sein, sondern eine Frage, die echtes Interesse zeigt.
Und „Alles gut!“ könnte eines Tages eine Antwort sein, die wirklich von Herzen kommt.
Autorin: Christina Brunke