Zeitungsstapel vor Laptop© Kozyr/Shutterstock.com

Wort zum Sonntag

In regelmäßigen Abständen schreiben ehrenamtlich und hauptberuflich Mitarbeitende aus dem Dekanat für die Presse in Bielefeld und Lippe ein "Wort zum Sonntag". Den aktuellen und zuletzt erschienenen Beitrag finden Sie hier.

... in Bielefeld

Bewunderung
„Ich bewundere dich“, sagt er und steht mir gegenüber. „Warum denn das?“ „Du kannst einfach ganz normal mit allem umgehen.“ Wir unterhalten uns weiter und er – katholischer Priester – erzählt, wie zermürbend und auch deprimierend es für ihn war und ist, als homosexueller Mann Diener der Kirche zu sein.
Dabei ist doch alles so wunderbar normal. Oder? Wenn alles so normal ist, warum tut sich dann die katholische Kirche bis heute so schwer mit einer Gleichbehandlung nicht-heterosexueller Lebensformen? Wenn alles so normal ist, warum sehen Menschen in den pinken Trikots der Fußball-EM eine Gefahr für die Leistungsfähigkeit der Nationalelf? Natürlich droht uns der Untergang der „guten alten Zeit“, eine Zukunft als „armes Deutschland“ und am Niedergang der katholischen Kirche haben sowieso die vielen Menschen Schuld, die eine Überwindung überholter, traditioneller Formen von Kirche fordern.

Für mich habe ich die Frage von Kirche und meiner sexuellen Orientierung vor ein paar Jahren recht simpel beantwortet: Wenn mich Kirche privat als ehrenamtlich Engagierter und beruflich als Führungskraft braucht, muss sie mich nehmen, wie ich bin. Wenn nicht, finde ich sicherlich andere Betätigungsfelder.

Als Priester sieht die Sache anders aus. Da gibt es nicht den großen, anderen Arbeitsmarkt. Wobei die sexuelle Identität eines Priesters keine große Sache sein sollte, denn – wie der Essener Bischof Overbeck feststellte: Für alle gilt der Zölibat. Dann erzählt mir der Priester von einer alten Dame, die im Pfarrbüro sitzt. Ihr Mann ist gestorben und sie vereinbart eine Beerdigung. „Haben Sie einen Wunsch, welcher Priester die Beerdigung machen soll?“, fragt die Sekretärin. „Das ist mir egal, solange das nicht der schwule Priester macht“, entgegnet die Dame. Eben jener Priester steht im Nebenzimmer und hört, was die Dame sagt.

Wissen Sie, ich bewundere diesen Priester. Die Situation mit der Dame und noch weitere, von denen er erzählte, sind zutiefst verletzend. Und doch hält er an seiner erfüllenden Berufung fest. Und ist dabei ein richtig guter Seelsorger. Das ist bei einem Priester sehr viel wichtiger, als seine sexuelle Orientierung.

Autor: Benedikt Getta

... in Lippe

„Hinsehen und Aufstehen für unsere Demokratie“,
unter diesem Leitgedanken standen während der vergangenen Tage Massenproteste in ganz Deutschland. Es ging darum, Rechtsstaat und Grundgesetz zu verteidigen gegen extrem rechte Parteien und Gruppierungen.

Deren Äußerungen tragen teilweise einen fremdenfeindlichen Charakter bis hin zur Forderung nach einer sogenannten Remigration. Sie richten sich gegen Geflüchtete, gegen Menschen mit Migrationshintergrund. So treiben sie eine Kluft in unsere Gesellschaft.

Das christliche Menschenbild hingegen zielt auf eine Gesellschaft ohne Ausgrenzung. Besonders deutlich bringt das der Apostel Paulus in seinem Brief an die Galater zum Ausdruck. Er schreibt da, es gebe jetzt nicht mehr Juden und Griechen, Sklaven und Freie, Mann und Frau, sondern alle seien eins. (vgl. Gal 3,28) Daher bedeutet Christentum umfassende Gemeinschaft, in der alle Menschen ihren Platz und ihre Würde haben, auch die Migranten.

Autor: Pfarrer Winfried Neumann