Super!
Als Fahranfänger vor Jahrzehnten durfte ich mit dem neuen Familienauto – zur allmählichen Erlangung von Fahrpraxis – sonnabends zum Tanken fahren, um so den elterlichen Sonntagsausflug störungsfrei vorzubereiten. Mit fünfzig D-Mark und dem Kommentar: „Bring davon aber wieder was mit!“ zog ich los. Neu an diesem Wagen war: Er brauchte Superbenzin. Für den alten hatte immer „Normal“ gereicht, was deutlich günstiger war.
„Normal“ gibt’s schon seit Jahren nicht mehr; heute ist alles Super: Super Fuel Save 95, Super E 10, Super Plus, Super Racing usw. .
Wenn ich Radio höre, dann habe ich denselben Eindruck: Normal gibt’s auch anderswo nicht mehr; alles ist super: superschön, supersüß, supertoll.
Das Gleiche im Drogeriemarkt. Ein Kleinkind oben im Einkaufswagen, Mama reicht ihm die einzelnen Artikel aus der Tiefe an – darunter auch Super-Angebote! – das Kind legt eins nach dem anderen auf’s Band. Mama ist begeistert: „Das machst du super!“.
Jetzt hat Robbie Williams die Filmbranche getoppt: Akribisch wurde unter Nutzung aller Möglichkeiten im neuen Film über ihn ein Avatar-Affe geschaffen, der den Star darstellt, weil Robbie selbst über sich sagt: Ich habe mich auf der Bühne zum Affen gemacht.
Na super! – Liebe Leserin, lieber Leser, in dieser normalen Woche nach Weihnachten, nach dem Jahreswechsel und noch vor den großen Karnevalsaktivitäten möchte ich Ihnen eine sehr interessante, weil supernormale (?!) Passage des Lukasevangeliums mit auf den Weg geben. Verschiedene Menschengruppen sind angezogen von den markanten Worten Johannes‘ des Täufers. Sie fragen ihn: „Was sollen wir also tun?“ Er antwortet: „Wer zwei Gewänder hat, der gebe eines davon dem, der keines hat, und wer zu essen hat, der handle ebenso.“ Den unter Betrugsverdacht stehenden Zolleinnehmern sagt er: „Verlangt nicht mehr, als festgesetzt ist!“. Noch interessanter seine Antwort für Soldaten: “Misshandelt niemanden, erpresst niemanden, begnügt euch mit eurem Sold!“ (Lk3,12-14).
Der Rat, ein zweites Gewand abzugeben, ist natürlich kein Appell, den Kleiderschrank leer zu räumen; es ist ein Beispiel. Was kann ich ab- oder weitergeben, weil ich es nicht (mehr) brauche?
Wohlgemerkt: Gemeint ist kein als Großzügigkeit getarntes „Schrott-wichteln“, und es geht nicht ums Ausrangieren dessen, was mir sowieso nicht mehr passt oder ich nicht mehr mag.
Probieren Sie in der nächsten Zeit doch mal, ein neues „Normal“ zu leben – Vielleicht wird‘s super!
Gute Wünsche, Frieden und Gutes für das noch junge Jahr!
Autor: Pfarrer Bernhard Brackhane