Zeitungsstapel vor Laptop© Kozyr/Shutterstock.com

Wort zum Sonntag

In regelmäßigen Abständen schreiben ehrenamtlich und hauptberuflich Mitarbeitende aus dem Dekanat für die Presse in Bielefeld und Lippe ein "Wort zum Sonntag". Den aktuellen und zuletzt erschienenen Beitrag finden Sie hier.

... in Bielefeld

Martin heute

Beim Korrigieren einer Lateinarbeit fällt mir auf: Zwei Schülerinnen haben erstaunlich große Übereinstimmungen – auch die gleichen Fehler finden sich.
Die Note wird beide freuen, aber bei mir als Lehrerin bleibt ein großes Fragezeichen zurück: Ist da ein Arbeitszettel während der Arbeit unbemerkt zum Nachbartisch gewandert?
Bei der Konfrontation in der nächsten Stunde dann das Eingeständnis: „Bei meiner Freundin geht es am Ende des Schuljahres um alles! Es ist doch klar, dass ich ihr helfe – selbst wenn ich dafür Ärger bekomme!“
Die Lektion des Teilens, zu dem Schule natürlich abseits von Klassenarbeiten und Hausaufgaben auch erzieht, hatten die beiden Schülerinnen jedenfalls verinnerlicht.

In diesen Tagen erinnert uns ein Heiliger durch sein beispielhaftes Verhalten daran, nicht nur auf sich selbst und den eigenen Besitz zu schauen, sondern auch die anderen Menschen in ihrer Not in den Blick zu nehmen.
Den Kern der Legende kennt jedes Kind: Um 330 n. Chr. war Martin als junger römischer Soldat in Amiens stationiert.
An einem kalten Winterabend soll er am Stadttor einen frierenden Bettler getroffen haben.
Dieser flehte Martin an, ihm zu helfen.
Martin nahm sein Schwert, teilte seinen Soldatenmantel in der Mitte und gab dem Bettler das wärmende Kleidungsstück.
Auch wenn sich das Leben des Bettlers von da an sicherlich nicht komplett gewendet hat, so hat Martin ihm doch in der akuten Not geholfen und ihn vor dem Erfrieren gerettet.
Martin konnte nicht damit rechnen, von seinen Kameraden für diese Tat bewundert zu werden. Vermutlich machte man sich eher über ihn lustig, weil er den Mantel zerschnitt, der einem römischen Soldaten nachts als Decke diente.
Er hat nicht auf direkte Anerkennung gehofft, sondern selbstlos gehandelt.
Seinen „Lohn“ erhielt er laut der Legende in der folgenden Nacht: Martin träumte von dem Bettler und erkannte in ihm Jesus, der sagte: „Was du dem Bettler getan hast, das hast du mir getan!“
Vielleicht bieten sich in den nächsten Tagen auch uns Gelegenheiten, in denen wir unbemerkt und ohne großes Tamtam mit anderen Menschen teilen können – unsere Zeit, unsere Aufmerksamkeit, unser Geld ….

Autorin: Christina Brunke

... in Lippe

Mitgefühl ist die Antwort

Wir leben in strubbeligen Zeiten! Maßstäbe von Menschlichkeit und Gemeinsinn scheinen verloren zu gehen. Ich will die Krisen und Herausforderung gar nicht alle aufzählen. Wir sind ja ständig mit ihnen konfrontiert.
Doch wie gehen Sie damit um? Überfordert Sie die Fülle solcher Nachrichten auch? – Wie die Welt aus den Fugen geraten ist, erlebe ich als Seelsorger hautnah im Krankenhaus. Praktisch alle Krankenhäuser arbeiten aktuell defizitär. Es wird finanziell immer enger.
So geht es nicht mehr zuerst um die Menschen, die Hilfe brauchen, und die, die von Herzen gerne anderen helfen, sondern um Geld und Ökonomie.
In unseren Krankenhäusern kann man in jedem Moment diesen Stress- und Schmerzpunkt erleben! Es schmerzt und zerreißt die Menschen! Das ist nicht nur dahin gesagt. Ich kenne viele mit Namen, die sich in ihrer Verzweiflung keinen anderen Rat wissen und kündigen!
Niemand scheint da zu sein, der helfen kann und die Not wahrnimmt – auch nicht unsere Gesundheitsminister.
Woher kommt uns Hilfe? Von Gott?! – Anders als den Menschen geht es Gott nicht um Geld und Macht, sondern um ein Leben in Würde und Wohlergehen: „Ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben… Ich war nackt und ihr habt mich bekleidet.“ (Mt 25,35ff) Gott achtet das unscheinbar Menschliche! Er macht es zu seinem alles entscheidenden Maßstab.
Das ist nicht frommes „Pillepalle“ für sentimentale Seelen. Danach zu handeln, ist auch nicht leicht. Doch erst so wird unsere Welt (wieder) menschlich!

Autor: Johannes Brüseke